Eine merksame Person...

Merksam: Kunstwort aus merkwürdig und seltsam; zusätzliche Bedeutung: besonders im Gedächtnis bleibend.

Heute morgen fand die Vorlesung Digitale Sprachsignalverarbeitung (Hauptstudium ET) statt; soweit nichts besonderes. Irgendwann im Laufe der Vorlesung - ich schätze, eine halbe Stunde vor Schluss - kam eine Studentin herein, die sich schon merkwürdig leise versuchte hinzusetzen und dabei den Stuhl gaaaanz langsam über den Boden zog, so dass dieser natürlich ein gut hörbares, langes Geräusch machte. Naja. Der Professor sprach gerade davon, dass man frühere Aufnahmen auf Schellack-Schallplatten durch Mehtoden der digitalen Signalverarbeitung in ihrer Klangqualität verbessern kann. Die neu hinzugekommene Studentin - sie war bisher keine zwei Minuten im Raum - musste sofort lautstark etwas einwerfen:

Das liegt an der Laus!

Allgemeine Verwunderung beim Professor und dem Kurs.

Doch, doch, das habe ich gestern im Fernsehen gesehen. Die verwenden da irgendwas von Läusen, das Chitin oder so für die Schallplatten.

Der Professor antwortete nur: "Ja, das hängt bestimmt mit dem Klang zusammen..." - er hatte zum Glück keine Lust auf eine Diskussion mit dieser Person. Während der restlichen Vorlesung war auch nicht mehr von ihr zu hören, so dass man sie fast vergessen hätte.

In der Pause zwischen Vorlesung und Übung hat sie dann mal kurz den Seminarraum verlassen. Dabei kam sie nicht umhin, den rechts vom Ausgang stehenden Kleiderständer zu entdecken und einen der daran hängenden Kleiderbügel näher zu inspizieren. Sehr seltsam.

Als sie wiederkam, begutachtete sie auch noch den Mechanismus, der die Tür offen hielt und schaffte es wohl auch, dass die Tür fast zugefallen wäre...

Dann begann die Übung. Nach kurzer Zeit verbesserte sie die Übungsleiterin vorlaut:

Das heißt mi, nicht mü. Mi!

Die Übungsleiterin antwortete, dass sie "mi" noch nie gehört hätte und auch in Büchern nur von "mü" die Rede sei.

Das heißt aber mi! Ich weiß das, ich bin schließlich Griechin... also ich bin griechisch erwachsen geworden. Das heißt mi! Ich weiß das besser als ihre Bücher.

Also erwachsen geworden ist sie sicherlich nicht... Und außerdem war das sehr dreist, wie ich finde - selbst falls sie recht hat, geht es doch in erster Linie um den mathematischen Sachverhalt, den die Übungsleiterin gerade erklären wollte und nicht um die Aussprache eines Buchstaben. Und falls es doch ein Problem sein sollte, kann man auch freundlich fragen oder Bescheid sagen. Kurz darauf wollte sie wissen:

Gehören die drei Pünktchen auch dazu?

"Die repräsentieren die Fortsetzung der Summe" erklärte die ÜL.

Ja, aber gehören die drei Pünktchen auch dazu?

DSV - Herleitung der FFT

"Wie? Ja, die drei Pünktchen gehören auch dazu..." gab die ÜL leicht genervt als Antwort.

Ach so!

Es hörte sich beinah so an, als hätte sie etwas verstanden... ich frage mich an der Stelle nur, was sie verstanden haben wollte?!

Aber auch dieser Frieden währte nur kurz: Die ÜL fasste die (oben in schwarz geschriebenen) geraden und ungeraden Summanden in rot und grün zusammen. In der vorletzten Zeile schrieb sie den ersten Term in rot, das Plus in schwarz und den zweiten Term in grün.

Das war eben aber auch grün!

"Wie bitte?"

Welche Farbe hat das Kreuz da?

"Das Kreuz? Das Plus ist schwarz."

Aber das war eben noch grün! Warum ist das jetzt schwarz?

"Es ist doch egal, welche Farbe das Plus hat - es kann schwarz, gelb, blau oder sonst eine Farbe haben. Sind wir hier bei versteckte Kamera oder so?"

Nein, ich komme aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich und das ist hier meine erste Vorlesung, deswegen bin ich so interessiert.

Ahja... jetzt ist alles klar ;)

So ging es dann weiter:

DSV - Herleitung der FFT, zweiter Ausschnitt

WARUM IST DENN DA WAS DURCHGESTRICHEN?

"Wo ist was durchgestrichen?", denn wir waren eigentlich schon ein gutes Stück weiter...

Na DA! DA ist was durchgestrichen!

"Der Faktor fällt weg, weil er Eins ist." - korrekte Antwort, wer das nicht weiß, sollte nochmal die HöMa-Vorlesungen im Grundstudium besuchen... auch wenn er aus einem anderen Fachbereich kommt - ohne mathematisches Handwerkszeug geht es leider nicht.

Und was bedeutet die Schlangenlinie da?

"Das symbolisiert die Periodizität der Funktion."

Ach so! Danke!

Als nächstes ging es dann darum, den Aufwand für eine DFT abzuschätzen (siehe letzte Zeile im ersten Bild). Die ÜL fragte den Kurs, ob es jemand wüsste.

DREI!

"Hat vielleicht noch jemand anders eine Idee?" Hatte zum Glück jemand: M/2

HAHA! Aber das ist doch Drei! Wenn man oben Sechs hinschreibt: Sechs durch Zwei ist Drei!!

Da konnte sich dann niemand mehr ein Lachen verkneifen... ;)

Naja, keine 3 Minuten später ist sie dann irgendwie wütend nach draußen gestürmt unter den Worten

Hier versteh ich nix!

Lustig, da sie vorher ständig achso, aha und so weiter von sich gegeben hat. Naja, diese merksame Person sehen wir hoffentlich nicht so bald wieder.

Achja: Während der gesamten Übung - zumindest in der Zeit, in der sie nichts gesagt hat - hat sie immer wieder vor sich hingelacht und amüsiert gegackert.

Komische Leute gibt es...